Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum § 217 StGB (Selbsttötung)

Am 26. Februar 2020 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ (§ 217 StGB) gegen das Grundgesetz verstößt. Der Senat kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass „das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Ausdruck persönlicher Autonomie ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und, soweit sie angeboten werde, in Anspruch zu nehmen.“ Das „den innersten Bereich individueller Selbstbestimmung berührende Verfügungsrecht über das eigene Leben“ sei dabei nicht auf schwere oder unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- und Krankheitsphasen beschränkt. Das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung in §217 (im Sinne einer auf Wiederholung angelegten Tätigkeit beispielsweise durch Sterbehilfevereine wie Dignitas) verenge „die Möglichkeiten einer assistierten Selbsttötung in einem solchen Umfang, dass dem Einzelnen faktisch kein Raum zur Wahrnehmung seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheit verbleibt.“ Daher sei § 217 für nichtig zu erklären.

Die Konsequenzen dieses Urteils erfüllen uns als Vorstand der iGP mit großer Sorge, und wir schließen uns der Stellungnahme der DGP vollumfänglich an. Wie wird man künftig einer „Normalisierung“ des assistierten Suizids entgegentreten können? Werden Sterbehilfeorganisationen nun freie Bahn erhalten? Wird die Äußerung eines Sterbewunsches, der nur allzu oft das Anliegen ausdrückt, über das Leiden unter einer unerträglichen Situation und die persönliche Hoffnungslosigkeit zu sprechen, künftig vorschnell als konkrete Handlungsaufforderung verstanden werden? Wie kann stattdessen gewährleistet werden, dass verzweifelte Menschen in der konkreten Erfahrung einer umfassenden Palliativ- und Hospizbetreuung Perspektiven zur Linderung belastender Symptome und Nöte finden? Wie wird verhindert werden können, dass alte Menschen aus Angst vor Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit den Weg des assistierten Suizids wählen?

Bundesverfassungsgericht kippt Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung: DGP warnt vor freier Bahn für Sterbehilfeorganisationen

Berlin/Karlsruhe 26.02.2020. Die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass das Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ gegen das Grundgesetz verstoße, eröffnet laut Deutscher Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) einen gefährlichen Spielraum: Prof. Dr. Lukas Radbruch, Präsident der DGP, warnt vor „freier Bahn für Sterbehilfeorganisationen“.

Die gesamte Pressemeldung kann auf der Homepage der DGP abgerufen werden.